samedi 19 janvier 2013

In einem anderen Leben hiess der JB Angélique

Es ist kalt in Berlin. Sehr kalt. So kalt, ass der JB das Gefühl hatte, als er zurück vom Markt radelte, dass seine Rotze am erfrieren war.

Jemand: (…)
Der JB: Was?
Jemand: (…)
Der JB: Sorry, ich habe akustisch nicht verstanden. Mein Hörgerät ging gestern kaputt.
Jemand: (…) !!!
Der JB: Na, aber natürlich rede ich von meiner Nase! Was sonst?

Naja, der JB kann nichts dafür: er hat eine chronische Nasengangrän, wegen der derentwegen seine Nase, der frischen Luft ausgesetzt, (zu) leicht tropft. Es ist nur Nasenwasser, aber immerhin. Deshalb begeht sich der JB nie mit jemandem draussen, denn es ist ein bisschen peinlich vor einer mitgehenden Person eine Rotznase zu haben. Deshalb also sitzt (oder steht, oder liegt) der JB Tag ein und Tag aus zu Hause in seinem sozialistischen Palast und hört Musik. Und heute hört er das:



Toll! Einfach klasse! Der JB liebt dieses Lied, das er seit deren Eintragung in iTunes am 8.04.2011 schon 191 Male gehört hat. Der JB identifiziert sich total in die Songtexte, in Angeliques Geschichte & Gefühle. Der JB denkt: es geht mich ähnlich mit T:
He's leaving me for another girl
All I can say is: he's ruining my world
And all I can do is sit here and cry

Cry wurde in 1978 herausgegeben. Von Dennis Bovell produziert. Der ist in Barbados geboren und wanderte in 1965 mit seinem Vater nach London aus. Er ist der "Macher" (= the shaper) von Lover's rock. Man kann hier einen spannenden Artikel über diese Zeit lesen.
Cassounet, der das Video auf durohr eingetragen hat, sagt die Musik von The 4th Street Orchestra gespielt wird, aber nichts über Angelique. Wer ist sie? Keiner weiss, keiner scheint es wissen zu wollen, den Meisten ist es egal. Dem JB aber nicht, der noch einmal gegen den Sexismus in Reggae schimpfen muss. Noch wieder eine Frau, die verunsichbart worden ist (wie die Norweger sagen). Und nun muss der JB seufzen und wiederholen:
And all I can do is sit here and cry

Sonst kennt der JB eine Angelique. Mit É. Also Angélique. Sie:


Ah, Angélique… Die "Marquise der Engeln"… Seufz… (Nein! nicht die Markise!!!) Hier liegt sie also, nackt (selbstverständlich), mit Jeoffrey. Als Kind fand der JB den Jeoffrey superattraktiv & hätte den gern geheiratet. Naja. Jeoffrey war nicht so okay, obwohl es reimt. Denn er trug die unangenehmen Zufälle des Lebens (mild gesagt!) im Gesicht. Und das, mehrere Jahrhunderte vor dem Mackie Messer mit seinen Zähnen. Hier:


Hiii! Arme arme arme Jeoffrey… Und nicht nur das, aber er hinkt auf dem linken Bein. Pfui… Nein, das Leben ist nicht einfach. Selbst wenn man ein Adelige ist und Geld hat. Aber sonst war er fit im Schritt. Deshalb auch hat ja die Angélique ihn geliebt, nachdem sie ihn gehasst hat (so geht es ja immer). Hier hat man die erste Bettszene, wo Angélique sich erstmal wehrt. Aber dann… Tja, dann… wehrt sie sich nicht mehr.


Ah, diese Angélique…!
Denn Angélique, jetzt der Film (1964), war DER Softporno überhaupt in Frongraischs 60er-Jahre. Es wird nackt rumgegangen und rumgelogen rumgelegen und rumgesessen. Es wird nicht immer nackt GV-isiert, aber es wird extrem viel gevögelt. Hier noch eine widerliche Bettszene (wie man damals in der DöDöRrr über Parteiuntreue Genossen geredet hat). Man merke aber die Hauptrolle, die in der Szene von der Gardine gespielt wird:


Es gibt so viele Gründe, die erklären, warum der JB von Angélique fasziniert war. Die Zukunft hat nämlich gezeigt, dass er ein bisschen wie sie ist — wenn man die Haare auslässt. Denn, genauso wie er, braucht sie Riechsalz, nachdem sie schöne Männer gesehen hat:


Die kleinen lieben Freunde des JB können sich die Szene vorstellen. JB und G sind vom Nighter verschwunden. Aha. Was ist passiert? Na, einfach. Genau wie da oben: der JB liegt ohnmächtig (mit Perücke und Kleid) nachdem er T gesehen hat, & G reicht die Hand, die den Riechsalz hält, damit der JB wieder zu Bewusstsein kommt. Schwiiierig. Denn der JB hat auch genau das gleiche Leben wie Angélique.

Angélique sehnt sich viel:

Angélique weint viel:

Angélique schreit viel:

Angélique ist (wie gesagt) viel nackt:

Und das alles findet der JB prima. Das ist eine gute Lebenseinstellung um den Alltag zu bewältigen. Das macht einem/r optimistisch und nein pessimisstuhl. Er selbst kennt das ein und aus von seinem Leben in dem sozialistischen Palast.

Aber Angélique zu mögen, sich in Angélique zu identifizieren, ist leicht. Der Anfangstrailer hat uns davon schon gewarnt:


Es gibt keine Frau in dieser Welt, die nicht davon geträumt hat, Angélique zu sein…
Es gibt keinen Mann in dieser Welt, der nicht von Angélique geträumt hat…
JB macht eine leichte Korrektur:
Es gibt keinen Mann in dieser Welt, der nicht davon geträumt hat, Angélique zu sein…
Es gibt keine Frau in dieser Welt, die nicht von Angélique geträumt hat…

Aber es gibt auch DIE Lieblingsszene von dem JB. Als er die als Kind gesehen hat, wurde er fasziniert, paralysiert, magnetisiert! Das ist aber eine krasse Szene, boah… Die spielt sich in Angéliques Appartement.

Angéliques Dienstmädchen, Thérésa, vorbereitet das Nachtkleid…

Sie will es anfassen! Was für eine Flasche, diese Thérésa!

Oh nein, bin ich blöd! denkt sie.
Das Kleid ist ja mit Arsen vollbeschmiert worden!!!

Pfiffig wie sie ist, nimmt sie zwei Platanenblätter,
die gaaanz zufälligerweise da rumliegen und sich langweilen.

Dann trägt sie das vergiftete Nachtkleid zum Bett… Boah, krass, ey…

Aber jemand kommt! Das ist sicher Angélique! Schnell, wegrennen…

Oh neee… Was für eine Volltrottelin, diese Thérésa!
Sie hat ein arsenvolles Blatt verloren!
Liebe Freunde der Natur, es tut dem JB Leid, aber das Blatt ist tot.

Angélique kommt zurück.
Sie ahnt noch nicht, dass sie in wenigen Minuten verarsent wird und sterben soll.
Mist und Doppelmist!

Arme Angélique ist, wie so oft, unglücklich…
Sie hat ja viele Sorgen in dem ganzen Leben.

Aber Angélique ist megaschlau! Sie hat den Blatt entdeckt!

Sie ruft Thérésa. Aber wieder megaschlau, wie sie ist,
konfrontiert sie Thérésa mit dem Blatt gar nicht. Héhé…

Nachdem Thérésa Angélique von ihrem Abendkleid ausgezogen hat,
(nein, das ist keine lesbische weder Liebes- noch Bettszene!)
greift Angélique das Tischtuch, das sonst nach dem Sinn des Lebens sucht.

Angélique nutzt es um das giftige Kleid rühren zu können ohne selbst sterben zu müssen.
Noch wieder hypraschlau!

Und dann fängt die Lieblingsszene des JB richtig an:
Angélique peitscht Thérésa mit dem arsenbeschmierten Nachtkleid!

Jau, Volltreffer, Angélique Marquise der Engeln!

Und das auch!
Peitsch, peitsch, peitsch!

Und das auch noch!
Arme Thérésa. Denn… Arsen tut a bisserl weh.

"Nimm das, du Nutte!" sagt Angélique im Ernst.

"Und das kriegst du auch, du Hure!"

Tja, Thérésa sieht nicht gut aus…

Thérésa ist sehr unschön, so verarsent.
Angélique muss kurz vor Schreck schreien.

Thérésa stirbt langsam…

… und langsam…

… und langsam.
What a beautiful agony!

Fertsch!
Und tschüss, Thérésa!

Wenn die kleinen lieben Freunde des JB die Szene real sehen wollen, läuft es hier unten und fängt so circa um 1h13m25s. Umso besser: es ist auf Russisch synchronisiert! Genial denn strenger! Ah ja, der JB hat vergessen: das ist in dem Fülm #3 über Angélique: Angélique und der König, von 1966:



Das war also Angélique.
Aber der JB möchte bitte schön zurück zu der anderen Angelique, die ohne É, und deren Satz:
And all I can do is sit here and cry

Denn der JB erinnert sich, dass dieser englische Verb, to cry, ist nicht nur aus dem frantsösischö crier (= schreien) entlehnt, und das genau im frühen 14. Jahrhundert, teilt etymonline mit, aber peu à peu den uralten pangermanischen Verb to weep ersetzt hat. Im Alten- und Mittelenglisch hat man nämlich to weep benutzt. Francis Henry Stratmann, in seinem Dictionary of the Old English Language von 1878 zeigt es uns:


Aber zwischen der Kruste (= crust) und der Kuh (= cû < cow) gibt es kein kraj (= cry). Pech für die heterosexuellen mittelalterlichen englischen Skinheads von damals: No woman, no cry. Oder andersrum: No cry und sowieso no woman. Die homosexuellen mittelalterlichen englischen Skinheads haben sich gefreut.


So ist es mittlerweile nicht passiert. Das heisst: to cry hat sich nicht zu to weep substituiert. Beide Verben haben ihre eigene Bedeutung bekommen. Der ursprüngliche wepan hat das Weinen bezeichnet, wo der frantsösischö crier für das Heulen charakterisiert hat. Besser: weeping hat man silently, also leise, und crying audibly, also hörbar, gemacht. In seinem 1794 Buch The distinction between words esteemed synonymous in the English language erklärt uns John Tusler den Unterschied:


Der letzte Satz, behauptend dass Kinder eher heulen und Erwachsenen aber lieber und bitte schön weinen würden, ist nur ein Standpunkt. Das möchte der JB betonen. Nehmen wir Angélique, zum Beispiel: sie hat immer geheult, also cried. Nur hat sie geweint, also wept, wenn sie Sexkummer hatte. Ausgerechnet das versteht der JB ganz gut.

Aber zurück zu John. Denn sein Buch wurde in 1803 beinahe kopiert (oooh!) und als English synonymous bennant — und auch köstlich erweitert:


Ist das nicht schön?
Es ist nicht der Lärm, den wir machen, der einen grösseren oder kleineren Mass von Trauer bezeichnet; denn der heimliche Weiner könnte mehr verzweifelt sein als der, der laut heult.
Und es gibt noch besseres!
Vom Erlebnis her wurde das Heulen so empfunden, dass es zur grösseren Entlastung von Betrübnis bringt.


Der JB sagt einfach: wunderbra!
Es ist ein Trost für uns alle. Egal, ob wir weinen oder heulen; egal ob laut oder leise, egal ob alleine oder mit Anderen, Tränen vergiessen ist gut und lindert.

Eins ist dennoch sicher: heutzutage wird man generell eher to cry als to weep benutzen. Also, im diesen Sinne hat to cry to weep ersetzt. To cry ist im modernen Englisch genauso alltäglich wie to weep im Alt- und Mittelenglisch es war. Wenn man aber in den feinen Nuancen der Verben gehen will, gelten die damaligen Unterschiede immer noch, wie das Merriam Webster's Dictionary of Synonyms von 1984 es betont:


Aber in seiner Suche hat der JB was ganz kurioses gefunden. Etwas, dass selbst Angélique gern sehen und lesen würde, ausgerechnet in ihrem Softporno: die englische pornographische Version der… Bibel! Doch! Das ist auf Scots geschrieben, also eine Sprache nah dem Englischen, die in Schottland geredet ist. Denn dort sagt man weder to cry noch to weep, sondern to greet. Und das würde man auch in Nordirland machen, hat der JB gelesen. Vielleicht N greets auch manchmal… Jedenfalls steht der Text rechts auf Mittelenglisch, und der links auf Scots:


"After the cock crows" — Boah! Vollporno, ey! Denn, soweit der JB weiss, bedeutet cock nämlich:

Also die richtige Übersetzung ist:
Wenn dein Puller schreist, wirst du mich verleugnen —
[zwischen den Zeilen: weil der zu einem Anderen geht!]
und dann ging er [zu ihm —Wort fehlt] und grüsste und empfing [ihn — Wort fehlt hier auch].
[zwischen den Zeilen: der Zweite hat sich überlegt, genau wie Angélique mit Jeoffrey, und hat letztendlich gedacht: ach, es lohnt sich doch mit ihm.]

Doch, DAS ist die richtige Übersetzung, denn das Pons Wörterbuch erklärt nämlich:


Oooh! Die Bibel würde dann in Schottland die ganze Zeit über Penisse und Phallusse Phalli* reden? Und der JB hat davon nie Bescheid gewusst?! Das ist aber Murks und Tricks und Betrug!
* = doch, Phallus wird anscheinend Phalli im Plural auf Deutsch — auch das ist dem JB ein Rätsel!!! Oh, Mann! Der JB erfährt gerade, dass man auch der Anus - die Ani sagt! Es muss ein Scherz sein… Sagt wirklich ein Proktologe zu seinem Freund der Hautarzt: "Du, ich habe heute dreissig Ani untersucht, ich kann nicht mehr." Nein, oder…? Aber man sagt der Lapsus - die Lapsus und der Virus - die Viren. Deswegen macht der JB so viele Fehler auf Deutsch!!! Und wieso bitte schön heisst es das Kartoffelmus - die Kartoffelmuse? Und nicht nur das, nun hätte der Kapitalismus kein Plural! Das ist dem JB also neu!! Marx sei Dank ist der JB überhaupt kein Partisan des Kritizismus.

Aber zurück der perversen schottischen Bibel. Falls der JB nicht Bescheid wusste, hat schon Shakespeare das alles studiert. Doch! Der! Englands grösste Theaterautor! In A Dictionary of Sexual Language and Imagery in Shakespearean and Stuart Literature von Gordon Williams (1994) liest der JB die genaue Bedeutung von das Wort tear, also Träne:


Und unserer alter guter to weep ist auch dabei… Der JB kann es gar nicht fassen!


Selbst Susan Sontag († RIP) hat das benutzt, und der JB hat es nie gewusst. Wenn es so ist, nimmt der JB erstmal Angéliques arsenbeschmiertes Nachtkleid und geht einige bösen Personen peitschen. Und dann wird er Angeliques Lied wieder hören und weinend mitsingen:
And all I can do is sit here and cry

2 commentaires:

Anonyme a dit…

Hi JB,
du verwirrst mich! Renate oder Angélique?
War vor kurzem in Down Under und da sagte man mir ständig, wenn ich ein kleines Tierchen gesehen habe, „ nicht anfassen, ist giftig“
Giftige Nachthemden und Peit… Peit… Ich schwöre, ich bin lieb!

Der JB a dit…

Ach, ich weiss es selbst nicht mehr. Ich habe ja so mange Facetten… Muss eine Sitzung mit mir selbst organisieren, um das genau zu wiessen. Ich sag dir Bescheid, sobald ich es genauer weiss, ja?